Wo kommt sie her, die deutsche Sprache? Und wer waren die treibenden Personen? Mit einer kleinen literarischen Reise durchs Land und durch die Jahrhunderte geht es zu den Anfängen der Sprache im heutigen Sachsen-Anhalt: Merseburger Zaubersprüche, erste Prosa in Deutsch, Eike von Repgows Sachsenspiegel, Neue Furchtbringende Gesellschaft, Gleim, Winckelmann, Goethe und Schiller, Nathusius, Novalis, Reichardts Garten, Goethe-Theater Bad Lauchstädt, Literaturhaus Magdeburg und viele mehr.
Eine rund 18-minütige sehenswerte Reportage des „Stadtfernsehens mit Kultur” aus Magdeburg kulturmd im Auftrag der Staatskanzlei und des Ministeriums für Kultur Sachsen-Anhalt.
Wie die "Literarische Reise durch Sachsen-Anhalt" zeigt, gibt es in diesem Kulturland interessante sprachgeschichtliche Wurzeln und spannende historische Bezüge zu entdecken. Diese Seiten geben einen Überblick über bedeutsame Persönlichkeiten und Sehenswürdigkeiten, der auf den Folgeseiten vertieft wird.
Frühe sprachgeschichtliche Zeugnisse: Merseburger Zaubersprüche und Sachsenspiegel
Die Bibliothek des Domstifts Merseburg birgt die »Merseburger Zaubersprüche«, eine althochdeutsche Handschrift aus der Mitte des 10. Jahrhunderts. Ein Faksimile dieser kostbaren Handschrift ist in der Südklausur des Doms St. Johannes und St. Laurentius im »Zauberspruchgewölbe« zu sehen. Eike von Repgow schrieb im frühen 13. Jahrhundert mit dem »Sachsenspiegel« das älteste Rechtsbuch und zugleich erste deutsche Prosawerk. Ein Förderverein hält das Erbe an Eike von Repgow in Reppichau mit einem Kunstprojekt lebendig.
Reformation, Bibelübersetzung und Förderung der deutschen Sprachkultur
Martin Luther löste 1517 in Wittenberg die Reformation aus und veränderte damit nicht nur die Kirche. Damit gingen tief greifende gesellschaftliche Veränderungen einher, die bis in die heutige Zeit reichen. Dem Anliegen Luthers gerecht werdend, jedem Christen den Zugang zur Bibel zu ermöglichen, kam August Hermann Francke 1710 mit der Gründung der Cansteinschen Bibelanstalt in »Franckens Stiftungen« nahe. Zahlreiche deutsch- und fremdsprachige Bibelausgaben gingen von Halle an der Saale aus in alle Welt, „mit dem Ziel, zur Erbauung und Reformation der weltweiten Christenheit beizutragen und die Menschen für das Christentum neu zu gewinnen. Durch die moderne »Waisenhausorthographie« wurde außerdem die deutsche Sprachkultur gefördert“, schreibt Helmut Obst in seinem 2013 erschienenen Buch »August Hermann Francke und sein Werk«.
Fruchtbringende Gesellschaft und Sprachpflege
Am 24. August 1617, kurz vor Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges und ein Jahrhundert nach Beginn der Reformation, wurde in Weimar die Fruchtbringende Gesellschaft gegründet - die erste und größte deutsche Akademie des 17. Jahrhunderts. Unter Vorsitz von Fürst Ludwig I. von Anhalt-Köthen (1579 - 1650) widmete sie sich von Köthen aus der Förderung und Entwicklung der deutschen Sprache, verfolgte bildungsreformerische, christlich-ethische und patriotisch-politische Ziele. Wenige Jahre nach dem Tod des Fürsten begann bereits der Niedergang durch die Entwicklung der Gesellschaft zu einem rein höfischen Ritter-Orden. Die Fruchtbringende Gesellschaft starb 1680 aus. Am 18. Januar 2007 wurde in Köthen eine Neue Fruchtbringende Gesellschaft gegründet, welche in der sprachpflegerischen Tradition der historischen Fruchtbringenden Gesellschaft des 17. Jahrhunderts steht.
Das Historische Museum im Schloss Köthen bewahrt das Andenken an die Fruchtbringende Gesellschaft. Seit April 2013 kann im Schloss Köthen - in den ehemaligen Wohnräumen des Fürsten Ludwig I. - in vier Themenfeldern eine Erlebniswelt Deutsche Sprache entdeckt werden.
Christian Thomasius - ein aufgeklärter Philosoph und Jurist wirkte in Leipzig und Halle
Der Rechtsgelehrte und Philosoph Christian Thomasius brach mehrfach mit geltenden Konventionen. Nicht nur sein Kleidungsstil entsprach kaum der Erwartungshaltung seiner Zeit. Auch mit seinen Gedanken wich er vom vorherrschenden Duktus ab. Bereits 1682 trat er für eine Trennung von Staat und Kirche ein. 1687 löste er mit seiner Ankündigung, an der Leipziger Universität eine Vorlesung in deutscher Sprache zu halten, unter orthodoxen Akademikern große Tumulte aus. Im Verlauf des 18. Jahrhunderts wurden Vorlesungen dennoch zunehmend auf Deutsch gehalten und verdrängten das Latein. Diese Entwicklung beschleunigte die Ausprägung einer deutschen Nationalliteratur. Doch die Auseinandersetzungen gipfelten zunächst darin, dass Thomasius im März 1690 mit einem Lehr- und Publikationsverbot in Sachsen belegt wurde. Er verließ Leipzig und siedelte in das benachbarte preußische Halle über. Hier hielt er juristische und philosophische Vorlesungen und wurde zum Gründungsmitglied der Juristischen Fakultät der Friedrichs-Universität Halle, aus der die heutige Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg hervorging.
Weimarer Klassiker zu Gast in Bad Lauchstädt
1791 übernahm Johann Wolfgang von Goethe auf Geheiß des Herzogs Karl August von Sachsen-Weimar die Leitung der Weimarer Hofschauspieler-Gesellschaft, welche in Lauchstädt in den Sommermonaten Gastspiele gab. Bald wurde durch den baulichen Zustand der bisherigen Spielstätte und dem zunehmenden Zustrom des Publikums ein Theaterneubau erforderlich. Goethe bestimmte hier die äußere Form mit einer klaren funktionalen Gliederung und einfacher, aber vollkommener Einrichtung des Hauses. Zu den Vorgaben des Dichters gehörte auch die Farbgestaltung des Zuschauerraums, die gemäß seiner Farblehre in gelb, rot und grau ausgeführt war, sowie dessen zeltartige, bemalte Leinwanddecke. Am 26. Juni 1802 wurde es mit dem Prolog Goethes »Was wir bringen« und der Aufführung von Mozarts Oper »Titus« eingeweiht. Mehrfach kam Goethe in den folgenden Jahren wieder. Bedeutende Künstler und Gelehrte der Zeit gaben sich ein Stelldichein.