Gedanken zum Europäischen Tag der Sprachen am 26. September 2012

Aus Anlass des alljährlich am 26. September stattfindenden Europäischen Tages der Sprachen mahnt die Landesregionalgruppe Sachsen-Anhalt des gemeinnützigen Vereins Deutsche Sprache e. V. (VDS) einen sorgsamen, verantwortungsvollen und selbstbewussten Umgang mit unserer Muttersprache an. Ziel des vom Europarat 2001 erstmals ausgerufenen Aktionstages ist es, zur Wertschätzung aller Sprachen und Kulturen beizutragen. So sollen die Mehrsprachigkeit gefördert und das reiche Erbe der europäischen Sprachen bewahrt werden.

Die Europäische Union ist kein Bundesstaat, sondern die Gemeinschaft von 27 souveränen Staaten. In 17 europäischen Ländern haben eine oder mehrere Muttersprachen selbstverständlichen Verfassungsrang. Auch der VDS erhebt die Forderung, das Grundgesetz der Bundesrepublik um einen entsprechenden Passus zu ergänzen. Denn die Sprache ist das kostbarste Kulturgut, das Medium des Zusammenhalts einer Nation und ihrer Identität. So wird es auch im Schlussbericht der Enquetekommission zur Kultur in Deutschland beschrieben (Bundestagsdrucksache 16/7000, Kapitel 6.5: Erhalt und Förderung der deutschen Sprache): „Mit Sprache treten Menschen in eine Form des kommunikativen Austausches miteinander, wird die demokratische Willensbildung organisiert und artikuliert. Sich in der eigenen Sprache verständigen zu können, ist essenzielle Voraussetzung für die Wahrnehmung zahlreicher Grundrechte, vor allem des Rechts der freien Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit.“

„Das Schwinden von internationalen Zoll- und Handelsgrenzen sowie die immer weit reichendere europaweite politische Regulierung dürfen nicht dazu führen, dass die Nationen ihre sprachliche Eigenständigkeit verlieren. Auch wenn die großen marktbeherrschenden und global agierenden Wirtschaftsmächte, insbesondere aus Übersee bzw. dem englischsprachigen Raum, ein profitables Interesse daran haben, ihre kommerziell auf die Erschließung immer neuer Absatzmärkte ausgerichteten Bestrebungen mit einer Einheitssprache durchzusetzen. Um so auch zwangsläufig über die Sprache deren Kultur und Denkweisen in das »Old Europe« zu transportieren“, erläutert Arne-Grit Gerold, ehrenamtliche Leiterin der VDS-Regionalgruppe Sachsen-Anhalt. So haben die VDS-Mitglieder in diesem Jahr die Kaufhauskette KARSTADT, vertreten durch den Vorsitzenden ihrer Geschäftsführung Andrew Jennings, zu recht zum »Sprachpanscher« gewählt, da die deutschen Kunden englisch angesprochen werden.

Doch nicht nur die internationalen, insbesondere angloamerikanischen Einflüsse beeinträchtigen unseren Sprachgebrauch und führen zu einer Verdrängung deutschsprachiger Begriffe. Auch die einheimischen Werbetreibenden spielen eine unrühmliche Rolle, in dem sie mit vermeintlich griffigen oder witzigen Formulierungen mehr sprachlichen Unrat, denn phantasievolle und verständliche Werbesprüche produzieren. Vielfach wurde in Untersuchungen belegt, dass damit die Kunden nicht erreicht werden, da sie die Botschaft oft gar nicht verstehen oder falsch interpretieren. Ganz zu schweigen von dem deutsch-englischen Mischmasch, den gebildete englische Muttersprachler wohl nur mitleidsvoll belächeln.

Text: Jörg Bönisch