Auf der Sitzung des halleschen Stadtrates wurde am 26. Februar der Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke, Mitbürger für Halle - Neues Forum und SPD zur „Vermeidung von Geschlechterstereotypen in städtischen Veröffentlichungen“ (V/2013/12186) mehrheitlich angenommen: „Die Stadtverwaltung wird beauftragt, sich zukünftig bei städtischen Veröffentlichungen (z. B. Homepage, Amtsblatt, Flyer, Broschüren) an einer Sprache, Symbol- und Bildauswahl ohne Geschlechterstereotype zu orientieren.“
In der Begründung zum Antrag heißt es: „Als Geschlechterstereotype gelten schematische, auf bestimmte Normvorstellungen fixierte Zuschreibungen von Tätigkeiten und Eigenschaften an Frauen und Männer, durch die Verhaltensmöglichkeiten je nach Geschlechtszugehörigkeit abgesteckt und Alternativen ausgeblendet werden. Ziel sollte es sein, solche als typisch geltenden Darstellungen zu vermeiden. Durch die Darstellung von Geschlechterstereotypen in städtischen Veröffentlichungen werden bisher auch in Halle gängige Rollenklischees bedient und weiter verfestigt. (…) Vorgeschlagen wird daher mit einer Grundsatzbeschlussfassung eine künftige diskriminierungsfreie Mediengestaltung durch die Stadt stärker in den Blick zu nehmen.“
Mit dem Ratsbeschluss hält nun auch in der Verwaltung der Saalestadt die ideologisch verbrämte geschlechterspezifische Gleichmacherei Einzug. Obwohl es nach der deutschen Grammatik keine Notwendigkeit gibt, wird - politisch-feministisch motiviert - hartnäckig ignoriert, dass das biologische Geschlecht nicht mit dem grammatischen Genus gleichzusetzen ist. Doch beharrlich wird dieser sprachliche Irrweg unter dem Deckmantel der politischen Korrektheit des »Gender-Mainstreamings« immer weiter beschritten. Wie weit das führen kann, zeigte im Sommer vergangenen Jahres der Senat der Universität Leipzig: Dort wurde beschlossen, in der Grundordnung Amtsbezeichnungen nur noch in der weiblichen Form zu verwenden.
Der Antrag wurde von Bodo Meerheim (Die Linke), Johannes Krause (SPD), Dietmar Weihrich (Bündnis 90/Die Grünen) und Tom Wolter (Mitbürger für Halle - Neues Forum) bereits zur Stadtratssitzung am 27. November vergangenen Jahres eingebracht und von dort durch Oberbürgermeister Bernd Wiegand in den Sozial-, Gesundheits- und Gleichstellungsausschuss verwiesen. Hier wurde am 16. Januar, wie auch bei der Stadtratssitzung am 29. Januar, eine Entscheidung vertagt. Am 13. Februar stand der Antrag wiederum auf der Tagesordnung des Sozial-, Gesundheits- und Gleichstellungsausschlusses und wurde einstimmig angenommen. Auf der Sitzung am 26. Februar stimmte der Stadtrat mit 21 Ja- und 18 Neinstimmen sowie 10 Enthaltungen dem Antrag mehrheitlich zu.
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass diese Vorlage aus einem Gremium kommt, welches zu drei Vierteln von Männern dominiert wird. Denn der Frauenanteil im halleschen Stadtrat beträgt nur 25 Prozent. Offensichtlich haben sich nicht nur im Sprachgebrauch der halleschen Stadtverwaltung Geschlechterstereotype verfestigt, sondern die gängigen Rollenklischees auch im Stadtrat der Saalestadt manifestiert - anstatt eine lebensnahe Chancengleichheit umzusetzen. So entsteht der Eindruck, dass hier einem Papiertiger willfährig ein Mahl bereitet werden soll.
Katja Raab (FDP) gab bereits auf der Stadtratssitzung am 27. November 2013 zu bedenken, „dass der Stadtrat nicht der richtige Ort sei, um über grundsätzlichen Sinn und Unsinn von Sprachverrenkungen, mit dem Ziel der Gleichstellung von Mann und Frau, zu reden.“ Sie appellierte an die Ratsmitglieder, sich nicht aus ideologischen Gründen in Scheinschauplätzen zu verkämpfen, da man mit dieser Diskussion weit von der Lebenswirklichkeit der Menschen entfernt sei.
In seinem Buch »Genug gegendert« beleuchtet Tomas Kubilek die Ursprünge der feministischen Sprachkritik und entkräftet mit zahlreichen, wissenschaftlich fundierten Argumenten deren Behauptungen. Aus dem Klappentext: „Gendern nervt. Gendern macht guten Stil unmöglich. Trotzdem setzt sich die Frauensprache immer mehr durch: in Schulbüchern, an Universitäten, in Gesetzestexten, in den Medien. All das im Namen der Gleichberechtigung. Doch fördert Gendern wirklich die Frauenemanzipation? Welche Ziele verfolgen die Verfechter der Frauensprache wirklich? Und wie überzeugend sind ihre Argumente? Ein leidenschaftliches Plädoyer für ein gutes und klares Deutsch. Voller griffiger Argumente und abschreckender Beispiele.“
Tomas Kubilek, 1976 in der Slowakei geboren, wuchs in Stuttgart auf und studierte Germanistik und Mathematik an der Universität Wien. 2005 promovierte er zum Dr. phil.
Erschienen ist das lesenswerte Buch 2015 in einer Neuauflage im Projekte-Verlag Jena. ISBN: 978-3-94597-102-4.
Text: Jörg Bönisch