Mit Goethes Künstler- und Dichterdrama „Torquato Tasso“ stand 2017 ein sehr anspruchsvolles Stück auf dem Spielplan des Festspiels der deutschen Sprache. Denn die Ausdrucksstärke und der Nuancenreichtum der Sprache bestimmen den Verlauf des sonst handlungsarmen Schauspiels maßgeblich. „Hier führen wir die deutsche Sprache in einer Form auf, wie sie im Alltag nicht mehr gesprochen wird. Die Konzentration, die uns das abverlangt, ist ein intellektueller Prozess, auf den man sich einlassen muss; der aber unser Leben ungemein bereichert“, schwärmt René Schmidt, Direktor des Goethe-Theaters Bad Lauchstädt. In der szenischen Lesung liehen die brillanten Schauspieler Bernt Hahn, Nina Hoger, Sunnyi Melles, Markus Meyer und Christian Werner ihre Stimmen den historischen Personen Herzog von Ferrara, Leonore Sanvitale, Leonore von Este, Torquato Tasso sowie Antonio Montecatino. Meyer gelang es, die innere Zerrissenheit von Tassos Künstlerseele, und damit die Auseinandersetzung Goethes mit sich selbst, überzeugend zum Ausdruck zu bringen.
Zahlreiche Besucher, darunter viele Prominente, waren sich bei aller Anerkennung, Zufriedenheit und Freude über die gelungenen Veranstaltungen einig: Durch die krankheitsbedingte Abwesenheit der Begründerin und künstlerischen Leiterin des Festspiels der deutschen Sprache fehlte dem Ganzen in diesem Jahr ein wenig Glanz. Erst die Aura von Kammersängerin Edda Moser in ihrem unermüdlichen Bemühen um die deutsche Sprache setzt dem Festspiel die Krone auf. Doch die Besucher mussten nicht ganz darauf verzichten. Per Videobotschaft grüßte sie die Festspielgäste aus dem Krankenbett: „Die Ehre, den Lauschenden unser kostbarstes Gut der deutschen Kultur nahe zu bringen, wird hohen Ansprüchen jedes Jahr aufs Neue hoffnungsvoll gerecht. Im nächsten Jahr werden wir es wieder gemeinsam tun.“
Eröffnet wurde der mehrtägige Veranstaltungsreigen mit einem Festkonzert im Historischen Kursaal. Dabei feierte die Anhaltische Philharmonie Dessau unter musikalischer Leitung der in Griechenland geborenen Elisa Gogou in Bad Lauchstädt ihr Debüt. Mit der Ouvertüre zu Mozarts Oper „La clemenza di Tito“ spannten die Musiker den Bogen zum 1802 mit dieser Oper eingeweihten Sommertheater, welches von Goethe konzipiert wurde und heute das einzige noch erhaltene Theatergebäude seines Wirkens ist. Benjamin Moser, der Neffe von Edda Moser, verzückte das Publikum am Bosendörfer-Flügel mit Mozarts Konzert für Klavier und Orchester B-Dur. Mit diesem Festkonzert wurde die Restaurierung der von Karl-Friedrich Schinkel entworfenen Wand- und Deckengemälde im Kursaal feierlich abgeschlossen. Und im kommenden Jahr wird es ein ganz besonderes Festspiel der deutschen Sprache. Mit ihm soll das Goethe-Theater nach beendeten Sanierungsarbeiten ehrwürdig wiedereröffnet werden.
Text und Fotos: Jörg Bönisch