Seit 20 Jahren bemüht sich unsere Vereinsfreundin Prof. Edda Moser in besonderer Weise um die deutsche Sprache. Als Sopranisten wurde die Kammersängerin auf den Bühnen der berühmtesten Opernhäuser vom Publikum gefeiert. Doch kam sie nach langem Aufenthalt im Ausland zurück nach Deutschland, verstand sie die Welt nicht mehr. Auf Schritt und Tritt begegneten ihr Anglizismen und ein schludriger Sprachgebrauch. So entschloss sie sich, etwas für die deutsche Sprache zu tun und begab sich auf die Suche nach Gleichgesinnten. Im Rudolstädter Schloss Heidecksburg hatte 2006 das erste Festspiel der deutschen Sprache mit Mario Adorf und Otto Schenk seine Premiere. Einer Empfehlung von Bundesaußenminister a. D. Hans-Dietrich Genscher († 2016) folgend, wechselte das Festspiel 2007 in das historische Goethe-Theater nach Bad Lauchstädt im südlichen Sachsen-Anhalt.
In Bad Lauchstädt wurde Edda Moser von Bernd Heimühle († 2010), dem damaligen Theaterdirektor, mit offenen Armen empfangen. Seit 2010 lenkt René Schmidt die Geschicke des Theaters und der Historischen Kuranlagen. Das einzige noch erhaltene Theater der Goethezeit, vom Meister 1802 selbst entworfen und gebaut, bietet seitdem den würdigen Rahmen für das Festspiel der deutschen Sprache. Edda Moser will auf bedenkliche sprachliche Entwicklungen hinweisen, wobei sie sich in besonderer Weise der Pflege und dem Erhalt unserer Muttersprache verpflichtet fühlt. So werden alljährlich literarische Werke gelesen, um dem Publikum deren Ursprünglichkeit sowie die Feinheit, Reichhaltigkeit, Ausdrucksstärke und Schönheit der deutschen Sprache in Erinnerung zu rufen.
In den vergangenen Jahren bezogen sich Inhalte insbesondere auf die Weimarer Klassik und die Theaterliteratur der deutschen Aufklärung. Standen bis 2009 Lesungen von Gedichten und Texten verschiedener Dichter und Schriftsteller auf dem Programm, bestimmen seit 2010 szenische Lesungen den Spielplan. Nach über 100 Jahren wurde 2013 im Goethe-Theater ein Stück eines zeitgenössischen Autors uraufgeführt. Rolf Hochhuth († 2020) dramatisierte eigens für das Festspiel der deutschen Sprache mit „Neun Nonnen fliehen“ Szenen aus dem Leben von Katharina von Bora und Martin Luther. 2019 konnte im Rahmen des Festspiels erstmals eine Oper aufgeführt werden. Mozarts „Zauberflöte”, stimmgewaltig dargeboten und opulent ausstaffiert, verzückte das Publikum. Dafür wurde die nahezu in Vergessenheit geratene, von Goethe 1794 für das Weimarer Hof- und Lauchstädter Kurtheater besorgte Fassung des deutschen Singspiels rekonstruiert.
In den nächsten Jahren wird sich das Festspiel programmatisch wegweisenden, historischen und modernen Übersetzungen fremdsprachiger Dramen und Opern in die deutsche Sprache widmen. Es soll belegt werden, wie Fremdsprachen das deutsche Theater und die deutsche Sprache über Jahrhunderte bereichert haben. So wurde in diesem Jahr die szenische Lesung des Dramas „Der Kaufmann von Venedig“ von William Shakespeare in der deutschen Übersetzung von Schlegel und Tieck aufgeführt. Nach der Weimarer Fassung der „Zauberflöte” wurde auch die Oper „Titus” in der deutschen Übersetzung von Goethes Schwager Christian August Vulpius dargeboten. Das renommierte MDR-Sinfonieorchester hat mit einem Festkonzert erneut den diesjährigen Reigen der Aufführungen beschlossen.
Vom Verein Deutsche Sprache wurde Edda Moser für ihre Bemühungen um die deutsche Sprache 2007 die Ehrenmitgliedschaft angetragen. Im Jahr 2014 erhielt die Initiatorin und künstlerische Leiterin des Festspiels der deutschen Sprache den Verdienstorden des Landes Sachsen-Anhalt. Frau Moser verfüge über ein unbestechliches Gefühl für herausragende Qualität und setze sich kompromisslos für die deutsche Sprache als europäisches Kulturgut ein, hob Reiner Haseloff, Sachsen-Anhalts Regierungschef, in seiner Laudatio hervor: „Das Festspiel der deutschen Sprache macht einen wichtigen Teil unseres lebendigen kulturellen Reichtums aus. Dort, wo unsere Sprache gepflegt wird, da geht es immer um den innersten geistigen Kern unserer Kultur und des menschlichen Zusammenhalts. Ohne die Sprache gibt es keine Erkenntnis, keinen intellektuellen Austausch, keine Verständigung und folglich natürlich auch kein Verstehen.“
Text: Jörg Bönisch | Fotos: David Nuglisch (1), Jörg Bönisch (5)